Samstag, 7. März 2009
Dietmar Dath: Die Abschaffung der Arten

Irgendwann im 25. Jahrhundert ist die Vorherrschaft des Menschen über die Erde beendet. Die Zeit des Menschen (als "Langeweile" bezeichnet) wurde durch gesteuerte Gentechnik beendet und nun beherrschen die "Gente" die Welt - Wesen in Tierform auftreten, die allerdings keine feste Form haben und gerne mal ihr Geschlecht, ihr Aussehen und ihre Fähigkeiten ändern oder aufpimpen, einen biotischen Computer in sich tragen, die ihr unsterbliches Wesen in andere Körper klonen und sich über das Pherinfon-Netz unterhalten, eine Art Internet, das über Gerüche und Hormonkomplexe funktioniert. Die Gente leben im Kontinent, der früher mal Europa hieß, in drei riesigen gewachsenen Städten unter der Herrschaft des löwengestaltigen Cyrus Iemelian Adrian Vinicius Golden (so die Namen seiner bisherigen Inkarnationen), der als strenger nahezu göttlicher Herrscher die Gesellschaft der Gente aufgebaut hat. Früher war er selbst ein Mensch und war für das Ende der Menschheit zuständig. Mit seiner Gefährtin (die einst ein Insektenschwarm war und sich nun als Baum wohler fühlt) hat er eine Tochter namens Lasara, die in Luchsgestalt als geheimnisvolle Rebellin die Gente-Gesellschaft aufmischt.
Im Amazonasgebiet entwickelt sich eine neue Gesellschaft auf der Basis einer Mischung aus Menschenfrauen und Maschinen unter der Führung der "Großen Mutter" Katahomenleandraleal - die Keramikaner, deren Dasein sich über mehrere Dimensionen als die uns zugänglichen erstreckt und die sich daran machen, die Welt zu erobern und der Herrschaft der Gente ein Ende zu setzen.
Der Löwe schickt den Wolf Dmitri auf eine Mission, den Feind auszukundschaften. Es stellt sich aber heraus, dass die Keramikaner unaufhaltbar sind und nur die Flucht auf andere Planeten als Ausweg bleibt.

Im zweiten Teil des Buches werden die Nachkommen der ausgewanderten Gente auf Venus und Mars betrachtet. Auf den beiden Planeten werden die "auserwählten" Nachkommen von Luchsin und Wolf geboren. Das Echsenmädchen Padmasambhava auf dem Marsch und der ähm... irgendwie humanoid geformte Feuer auf der Venus. Ihre Lehrmeister sind eine Holzpuppe, ein neuartiges Tier namens Vasch und ein klappstuhlförmiger Dachs sowie die menschliche Komponistin Cordula Späth, die mithilfe ihrer Musik durch die Zeit reisen kann. Die beiden Nachkommen werden entführt, gefoltert, steigen zu Bedeutung und einfluss auf, wechseln im Laufe ihres Lebens das Geschlecht, bevor sie einander begegnen und schließlich auf die alte Erde zurückkehren, wo die Herrschaft der Keramikaner ein statisch konservierendes Museum am Ende der Zeit errichtet hat - ein neues Paradies mit Padmasambhava und Feuer als neuen Bewohnern...

Ich kann jeden Leser verstehen, der dieses Buch nach ein paar Seiten entnervt in die Ecke feuert. Auf den ersten 100 bis 200 Seiten schnallt man nämlich erst mal überhaupt nichts und wird erschlagen von kunstvoll gedrechselten Satzkonstruktionen oder seitenlangen komplett sinnlosen Monologen eines geisteskranken Esels mit Tourette-Syndrom, bekommt Unmengen an Fachbegriffen um die Ohren gehauen, die entweder komplette Neuerfindungen sind oder für deren Verständnis man ein abgeschlossenes Philosophie/Biochemie/Genetik-Studium benötigt.
Die vorgestellten Gesellschaftsformen sind schwerst verwirrend mit all ihren Diskussionen über Gametenrecht, clusterbildenden Bakterien, fliegenden Walhaien, benzolringförmigen Riesen-Aquarien, Fischen in Wassertropfenraumschiffen, permutationensingende Vögel, Mehrkornbrötchen und Mineralwasser mit und ohne Kohlensäure, zeterndem Kaffee und aus planetarem Urschlamm sich selbst zusammenbauenden Orang Utans...

Nachdem man sich aber mühsam in diese Welt hineingelesen hat, blickt man dann doch halbwegs durch und genießt neben den einigen Perlen der Formulierungskunst die ausschweifende Phantasie des Autors.
Fremdartigste Gesellschaftssysteme werden vorgestellt, die ebenso wie die "Langeweile" der menschlichen Zivilisation zur Blüte kommen und wieder vergehen. So wie die geplante ideale Gente-Gesellschaft des Cyrus Golden keinen Bestand haben konnte und sich der Kontrolle des Löwen nach geraumer Zeit entzog, vergehen und verändern sich auch die Gesellschaften auf Mars und Venus und selbst in der Zeitlosigkeit der statischen Erde der Keramikaner findet das Leben Auswege, diesem Korsett zu entkommen.

Fazit: Saugeil, obwohl nahezu unlesbar.

9 von 10 zeternden heißen Kaffees

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